Eine Kippe am Reck und am Stufenbarren lernen

Am Reck und am Stufenbarren gehört die Kippe zu den Grundelementen im Gerät- und Kunstturnen. Am Streckreck und am unteren Holm werden Laufkippen, Schwebekippen und Rückfallkippen geturnt, am Hochreck und am oberen Stufenbarrenholm eine Kippe aus dem Schwung. Alle Kippbewegungen zeichnen sich durch eine Hüftstreckung, ein Schließen des Arm-Rumpf-Winkels sowie eine Stemmbewegung aus. Die Stemmbewegung bedingt dabei das Schließen des Arm-Rumpf-Winkels. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Hüftstreckung samt Abbremsen zur translatorischen Impulsübertragung der Stemmbewegung untergeordnet werden kann – eine Kippe, so die Forschung, kann auch ohne Hüftstreckung gelingen, wenn die Stemmbewegung zum richtigen Zeitpunkt und mit der entsprechenden Intensität erfolgt. Dieses Ergebnis der biomechanischen Forschung lässt sich auch bei Kunstturnerinnen und Kunstturnern beobachten, allerdings ist dies im Anfängerbereich schwer umsetzbar, da der richtige Zeitpunkt und der entsprechende Stemmimpuls von Anfängern nicht koordiniert werden können. Daher wird sich der Lehrweg zur Kippe auch an der Hüftstreckung orientieren.

Strukturgruppe Kippbewegungen

Die Kippen gehören zur Strukturgruppe der Kippbewegungen, die in ihrer Gesamtheit durch folgende Aktionen gekennzeichnet sind:
•    Hüftstreckung mit Abbremsen zur translatorischen Impulsübertragung
•    Schließen des Arm-Rumpf-Winkels (Armschub bzw. –druck) um sich der Drehachse anzunähern (Fortsetzung der hüftwärtsgerichteten Translation)

Bewegungsbeschreibung Laufkippe / Schwebekippe (Kippaufschwung vorlings vorwärts)

Die Turnerinnen stehen vor dem stirnhohen Reck (vorlings). Mit gestreckten Armen werden zwei Schritte unter der Reckstange so durchgeführt, dass der erste Schritt nach kurzem Anschweben, zweite Schritt möglichst weit nach vorne geführt wird, um den Arm-Rumpf-Winkel vollständig zu öffnen (bei der Schwebekippe wird entsprechend weit mit gespreizten Beinen vorgeschwungen, dabei die Füße knapp über dem Boden schweben lassen). Aus der aktiv überstreckten Position werden die Füße schnell an die Stange angeristet. Durch diese Pendelverkürzung wird die Rotationsgeschwindigkeit erhöht.

Entscheidend ist, dass die Füße die Stange erreichen, bevor das Gesäß bis unter die Reckstange zurück gependelt ist, damit auch wirklich die Rotationsgeschwindigkeit erhöht wird. Beim Passieren der Senkrechten beginnt die Hüftstreckung, bei der die Beine an der Stange entlang nach vorn-oben geschoben werden, dabei sollen die Beine annähernd Kontakt zur Reckstange haben. Durch die Hüftstreckung nähert sich der Körperschwerpunkt an die Drehachse (Reckstange) an, wodurch der Drehimpuls erhalten wird. Die Hüftstreckung wird, zur Übertragung des Drehimpulses auf den Turner, blockiert, wodurch der Oberkörper vorwärts-aufwärts beschleunigt wird und die Schulter über die Drehachse gebracht werden kann.

Zeitgleich mit der Hüftstreckung werden die Hände nach vorn gedreht, damit die Stemmbewegung nicht nach hinten sondern nach hinten-oben wirkt. Die Hüftstreckung wird durch die Stemmbewegung, des Schließens des Arm-Rumpf-Winkels mit gestreckten Armen, unterstützt, wodurch der Körperschwerpunkt höher kommt. Während der Stemmphase schwingen die Beine abwärts, der Oberkörper aufwärts - der Körper dreht vorwärts (Kippaufschwung vorwärts). Am Ende wird der Körper gestreckt, so dass der Kippaufschwung vorlings vorwärts im Stütz vorlings endet.

Aktionsskizze

Die umfangreiche Bewegungsbeschreibung beinhaltet folgende Aktionen
Stand - Anschwingen (Anschweben) – Anristen – Rückpendeln - Hüftstreckung – Stemmen – Stütz

Lehrweg Kippaufschwung vorlings vorwärts

Wie beim Felgunterschwung (Felgabschwung) wird auch der Kippaufschwung mit Kennenlernen der optimalen Ausgangsposition (des Kipphangs) begonnen. Anschließend wird der richtige Zeitpunkt für die Hüftaktion und die Stemmbewegung erarbeitet. Erst wenn diese Teilbewegungen klar sind, wird das Vorschwingen, Vorlaufen oder Vorschweben eingebracht. Ein kleiner Tipp am Rande: die Turner*innen sollten immer genügend Magnesia an den Händen haben, damit die Hände nicht so schnell "aufgehen".

Benötigte Turngeräte

Kennenlernen des Kipphangs

Die Turner*innen stehen (vorlings) vor dem brusthohen Reck und werden von der Hilfestellung in den Kipphang gebracht, um diese Position zu erfühlen.

Die Helfer*innen rechts und links greifen mit einer Hand am unteren Rücken und mit der anderen Hand an der Oberschenkel-Rückseite (tief).

Zwischenschritt: Kennenlernen der Hüftstreckung im ruhigen Kipphang (kann bei Zeitknappheit weg gelassen werden)

Aus dem Kipphang werden die Beine langsam an der Stange entlang geschoben, ohne sich von dieser zu entfernen (bis die Hüfte an der Stange angekommen ist).

Die Helfer*innen greifen wie eben.

Pendeln im Kipphang mit Zuruf - Kennenlernen des Zeitpunktes für die Hüftstreckung

Die Turner*innen stehen vor dem brusthohen Reck und werden von der Hilfestellung in den Kipphang gebracht. Die Helfer*innen bringen die Turner*innen durch Druck an der Schulter und der Oberschenkelrückseite in eine Pendelbewegung. Im richtigen Moment der Hüftstreckung sollen die Turner*innen erfolgt von außen ein akustisches Zeichen.

Die Helfer*innen greifen mit einer Hand an der Schulter (um die Turner*innen in Bewegung zu bringen) und mit der anderen Hand an der Oberschenkel-Rückseite.

Zeitpunkt der Kippbewegung selber spüren

Die Turner*innen stehen vor dem brusthohen Reck und werden von der Hilfestellung in den Kipphang gebracht. Die Helfer*innen bringen die Turner*innen durch Druck an der Schulter und der Oberschenkelrückseite in eine Pendelbewegung. Im richtigen Moment der Hüftstreckung Im richtigen Moment der Hüftstreckung sollen die Turner*innen ein akustisches Zeichen geben (oder eine leichte Hüftstreckung andeuten).

Die Helfer*innen greifen mit einer Hand an der Schulter (um die Turner*innen in Bewegung zu bringen) und mit der anderen Hand an der Oberschenkel-Rückseite.

Pendeln mit explosiver Hüftstreckung

Die Turner*innen stehen vor dem brusthohen Reck und werden von der Hilfestellung in den Kipphang gebracht. Die Helfer*innen bringen die Turner*innen durch Druck an der Schulter und der Oberschenkelrückseite in eine Pendelbewegung. Im richtigen Moment der Hüftstreckung Im richtigen Moment der Hüftstreckung sollen die Turner*innen eine explosive Hüftstreckung durchführen.

Die Helfer*innen greifen mit einer Hand an der Schulter (um die Turner*innen in Bewegung zu bringen) und mit der anderen Hand an der Oberschenkel-Rückseite.

Diese Übung wird mehrfach durchgeführt und nach und nach sollen die Turner*innen nun auch das Vordrehen der Hände sowie das Stemmen durchführen. Damit wird die Aufgaben der Hilfestellung leichter, die Kippbewegung „runder“.

Kennenlernen der Auftaktbewegung (hier Vorlaufen in die Aktivüberstreckung)

Die Turner*innen stehen am brusthohen Reck und sollen mit 2-3 Schritten zu einer Markierung vor der Reckstange laufen (die soweit entfernt ist, dass der Arm-Rumpf-Winkel ganz geöffnet werden muss).
Die Helfer*innen rechts und links unterstützen mit einer Hand an der Schulter.

Kippaufschwung vorlings rückwärts turnen - Laufkippe

Die Turner*innen stehen am brusthohen Reck und sollen mit 2-3 Schritten zu einer Markierung vor der Stange laufen (die soweit entfernt ist, dass der Arm-Rumpf-Winkel ganz geöffnet werden muss). Aus dieser Position die Beine schnellkräftig in Richtung Stange anristen, die Beine müssen die Stange erreichen, bevor das Gesäß unter der Stange durchschwingt. Im richtigen Moment (Kipp-Zeitpunkt) erfolgt von den Turner*innen eine explosive Hüftstreckung.

Die Helfer*innen rechts und links unterstützen mit einer Hand an der Schulter. Die andere Hand unterstützt an der Oberschenkelrückseite die Anristbewegung der Beine (oder sichert an der Beinvorderseite ggf. die Schienbeine der Turner*innen (bremsen).) Nach der Anristbewegung unterstützt die Hand an der Oberschenkelrückseite die Beine, so dass diese an der Stange bleiben, die Hand an der Schulter schiebt die Schulter über die Drehachse.

Literaturhinweis:

 

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