Der Handstützüberschlag ist ein grundlegendes Element des Gerät- und Kunstturnens. Dennoch sind für dieses Element Voraussetzungen notwendig, ohne die Turner*innen nicht an das Element herangeführt werden sollten. So benötigen die Turner*innen genügend Stützkraft, um ihr Körpergewicht beim Handstand zu tragen, sie benötigen ausreichend Mittelkörperspannung, um diese während der gesamten Bewegung aufrecht zu erhalten und ein Rad und ein Rondat sollten bereits beherrscht werden. Koordinativ ist es von Vorteil, wenn die Turner*innen bereits die Auftaktbewegung (Anlauf-Hopser) beherrschen, im besten Fall Anlauf, Hopser-Rondat. Dann gelingt es leichter, die Anlaufgeschwindigkeit in die folgende Turnbewegung zu übertragen und genügend Bewegungsenergie mitzunehmen.
Im Gerät- und Kunstturnen wird der Handstützüberschlag am Boden und der Handstützsprungüberschlag am Sprung in einer gestreckten Position durchgeführt. Im Freizeitsport, in der Schule, an Badeseen, im Parkoursport und bei weiteren Gelegenheiten findet man auch Handstützüberschläge mit Hüftwinkel. Auch hierbei spüren die Turner*innen ein Flugerlebnis, im wettkampforientierten Gerätturnen spielt diese Variante jedoch keine Rolle.
Besonderheiten beim Handstützüberschlag sind der offene Arm-Rumpf-Winkel (ARW), der eine Grundvoraussetzung für einen gestreckten Überschlag darstellt. Ist der ARW dagegen geschlossen, befindet sich die Schulter über oder vor der Stützstelle (Hände) wodurch kein Schulterabdruck und keine zweite Flugphase möglich sind. Wie ein Turnstab, der mit einem Ende schräg auf den Boden geworfen wird, agiert der Körper der Turnenden beim Handstützüberschlag. Wird der Stand senkrecht nach unten geworfen, wird dieser kaum rotieren und nach einer Rotation auf der anderen Seite landen. Mit dem richtigen Anflugwinkel gelingt das aufgrund der Reaktivkraft und wie beim Reflexionsgesetz (Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel) problemlos – so auch beim Überschlag. Daher ist der geschlossene ARW auch ein häufiger Fehler, der korrigiert werden muss. Und wie beim Stand spielt die Körperspannung (also Steifigkeit) eine wesentliche Rolle.
Handstützüberschlag erlernen
Das Erlernen des Handstützüberschlags kann in folgenden methodischen Schritten erfolgen:
Handstand wiederholen
Die Turner*innen turnen in Dreiergruppen einen Handstand. Zwei Helfer sichern mit Klammergriff am Oberschenkel die Handstandposition.
Handstand-Umkippen lernen
Die Turner*innen turnen erneut einen Handstand. Dabei setzen Sie die Hände auf ein quergestelltes Kastenoberteil. Aus der Handstandposition lassen sie sich gestreckt auf eine Weichbodenmatte fallen.
Aufbau: Kastenoberteil längs – Kastenoberteil quer – Weichbodenmatte
Die Hände stützen auf dem quergestellten Kastenoberteil.
Schulterabdruck erarbeiten
Die Turner*innen turnen am Boden einen Handstand, beim Aufschwingen sollen die Turner*innen versuchen, den Beinschwung vor den Senkrechten abzubremsen (Impulsübertragung) und gleichzeitig aus der Schulter sich so abzudrücken, dass sie einen leichten Hüpfer durchführen. Falls der Schwung nicht rechtzeitig abgebremst wird, werden die Turner*innen ggf. auf den Rücken fallen. Eine Weichbodenmatte oder Happy Landing sorgt für notwendige Sicherheit.
Aufbau:
Bodenrollmatte, ggf. Happy Landing
Von einer Erhöhung herunter geturnt werden
Die Turner*innen turnen einen Handstand auf einem zwei- bis dreiteiligen Kasten. In der Handstandposition greifen die Helfer und tragen die Turnenden, die dabei ihre Körperspannung beibehalten müssen, in den Stand.
Aufbau:
2-3teiliger Kasten quer, davor 2-3teiliger Kasten längs. Hinter Kasten quer Weichbodenmatte.
Helfer:
Die Helfer rechts und links greifen im Handstand mit der nahem Hand an das Schulterblatt, die andere Hand greift am unteren Rücken (oberhalb des Gesäß).
Von einer Erhöhung herunter turnen
Wie eben schwingen die Turnenden auf einem zwei- bis dreiteiligen Kasten in den Handstand, doch mit mehr Schwung und dem Ziel, vor der Handstandposition den Schwung abzustoppen und mit etwas Schulterabdruck in den Stand „zu fliegen“. Die Helfer greifen vor der Handstandposition und unterstützen die Turnenden, die dabei ihre Körperspannung beibehalten müssen, bis in den Stand (inkl. Landesicherung / Standsicherung).
Aufbau:
2-3teiliger Kasten quer, davor 2-3teiliger Kasten längs. Hinter Kasten quer Weichbodenmatte. Die Kastenhöhe kann nach und nach reduziert werden.
Helfer:
Die Helfer rechts und links greifen im oder kurz vor dem Handstand. Mit der nahem Hand wird in der Schulter eingegabelt (dabei die Schulter blockieren), die andere Hand greift am unteren Rücken (oberhalb des Gesäß).
Hände-Füße-Springen
Aus dem Stand im Minitramp mit erhobenen Armen Sprung zum flüchtigen Handstütz im anderen Minitramp. Anschließend Aufsatz der Füße am Ausgangspunkt und Heben der Hände. Diese Bewegung wird im ständigen Wechsel durchgeführt.
Aufbau:
Zwei leicht schräge Minitramps, die tiefen Seiten zueinander. Abstand entsprechend der Körpergröße der Turner*innen.
Diese Aufgabe ist koordinativ sehr anspruchsvoll, macht aber enormen Spaß. Könner schaffen sehr viele Versuche nacheinander ohne Pause. Das sollte das Ziel sein. Wenn vorhanden, kann diese Übung auch auf einem Riesentrampolin durchgeführt werden.
Überschlagen mit Hilfestellung
Nach ein bis zwei Schritten Anlauf und anschließendem Hopser schwingen die Turnenden am Boden mit starkem Schwung- und Druckbeineinsatz in den Handstand. Vor der Handstandposition wird der Schwung abgestoppt und aus der Schulter abgedrückt (nicht die Arme anwinkeln). Dabei ist auf einen offenen Arm-Rumpf-Winkel zu achten. Die Helfer greifen vor der Handstandposition und unterstützen die Turnenden, die dabei ihre Körperspannung beibehalten müssen, bis in den Stand (inkl. Landesicherung / Standsicherung).
Aufbau:
Bodenrollmatte mit Happy Landing-Matte
Helfer:
Die Helfer rechts und links greifen im oder kurz vor dem Handstand. Mit der nahem Hand wird in der Schulter eingegabelt (dabei die Schulter blockieren), die andere Hand greift am unteren Rücken (oberhalb des Gesäß).
Handstützüberschlag mit Flick-Flack-Trainer
Wenn die Turnenden gut in den Handstand aufschwingen, die Körperspannung halten und die Schulter zum Abdruck blockieren können, können diese nebenher den Handstützüberschlag mit dem Flick-Flack-Trainer auf einer Bodenturnmatte selbständig üben.
Literaturhinweis
- Knirsch, K. (2005). Gerätturnen mit Mädchen und Frauen. Kirchentellinsfurt: Verlag Barbara Knirsch
- Lange, S. & Bischoff, K. (2012). Doppelstunde Turnen (3., überarbeitete Aufl.). Schorndorf: Hofmann